Normalerweise stehe ich hier vor solchen Veranstaltungen und überbringe die Grüße des Oberbürgermeisters und des gesamten Stadtrates. Das kann ich heute nicht tun, denn was die Mehrheit dieses Stadtrates inclusive Oberbürgermeister am 08. Mai 2020 getan haben, widerspricht unserem gemeinsamen Ansinnen für die heutige Veranstaltung. Wir stehen heute hier, um ein Zeichen gegen rechts zu setzen, gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung, gegen Diskriminierung, für Demokratie und Freiheit und ich freue mich, dass ich das gemeinsam mit euch tun darf.
Am 8. Mai 2020 passierte in Landshut wohl etwas bayernweit, wenn nicht sogar deutschlandweit Einzigartiges:
Am 8. Mai 2020, ausgerechnet an einem solch denkwürdigen Tag, dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, verdoppelt die Mehrheit des Landshuter Stadtrates ohne Not den kommunalpolitischen Einfluss der AfD, was für ein Irrsinn.
Das ist schon schlimm genug, aber was noch viel schlimmer ist: die AfD musste dafür gar nichts selber tun, denn es gibt für sie bereits genügend Steigbügelhalter anderer politischer Coleur, die sich für diese Undemokraten auf demokratischem Wege ins Zeug legen. Und dann auch noch der Meinung sind, dass das richtig ist was sie da tun. Nein, es ist nicht richtig, anscheinend haben die nichts aus der Geschichte gelernt. Selbst Albert Einstein hat damals gesagt: Die Welt wird nicht bedroht von Menschen, die Böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.
Wir alle hier wissen, dass unser Handeln ein anderes sein muss, dass wir nicht den Mund halten dürfen, dass wir uns dagegen wehren und den Menschen die Augen öffnen müssen, weil unsere Demokratie und unsere Grundwerte sonst gefährdet sind.
Die Folgen von Untätigkeit gegen diese Truppe und ihr stetes Erstarken zeigt sich auch in deren Verhalten, waren Drohungen gegen linke Poliker*innen 2017 noch anonym, werden diese heute offen mit Telefonnummer und Bild verschickt, aber rechtlich so versteckt formuliert, dass sie nicht belangt werden können, aber der Betroffene ganz klar versteht was gemeint ist. An dieser Stelle sei gesagt: Wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von anonymen, noch von versteckten Drohungen. Wir werden gemeinsam weiterkämpfen,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
ja, ich bin heute hier als Stadträtin und politische Verantwortliche für diese Stadt, aber ich bin auch als aktive Gewerkschafterin hier und vor allem Mensch. Und bei uns hier geht es heute um Menschlichkeit, um das also was uns doch von den anderen Lebewesen auf der Welt unterscheidet.
Ich empfinde es als eine Schande, dass wir in unserem hochkultivierten Land, mit dem Wissen, das wir aus der Vergangenheit haben, mit dem Wissen was sich in so vielen anderen Ländern abspielt, uns über Rassismus noch Gedanken machen müssen, ja dagegen kämpfen müssen. Dabei steht es in unserem Grundgesetz: Die würde des Menschen ist unantastbar, dort steht nicht drin Die Würde des deutschen Menschen ist unantastbar und nicht ohne Grund steht dieses Grundrecht im Artikel 1.
Deutschland ist seit vielen Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen sich auch die Gaulands und Höckes und Storchs endlich eingestehen. Und keiner von uns, Sie alle und auch ich konnten vorherbestimmen in welchem Land, in welcher Kultur, in welchen sozialen Verhältnissen wir geboren werden. Und genau deshalb müssen wir uns auch immer bewusst sein: Wir haben Glück, dass wir seit über 75 Jahren in Frieden leben dürfen und die Generation meiner Eltern, meine Generation und auch unsere Kinder niemals am eigenen Leibe bislang erfahren mussten was Krieg bedeutet.
Eine Zeit lang war ich der Meinung, dass wir Veranstaltungen und Auftritte der rechten Gruppierungen einfach ignorieren sollten und ihnen nicht noch durch Gegenveranstaltungen ein Podium bieten sollten. Seit langem hat sich da meine Meinung geändert, denn solange diese rechtsextremen Personen ihre faschistischen und rassistischen Parolen, die meiner Meinung nach verfassungswidrig sind, in aller Öffentlichkeit rausposaunen dürfen und sie auch noch wortwörtlich in den Medien abgedruckt werden, so lange dürfen wir nicht rasten oder ruhen und müssen offen Flagge zeigen gegen Rassismus und Ausgrenzung und für Menschlichkeit und Tolleranz.
Deshalb möchte ich mich auch bei euch allen bedanken, dass ihr heute hier seid und wir gemeinsam die Flagge hochhalten gegen rechts.
Und wenn es mittlerweile Mut erfordert, sich offen gegen rechtsextreme Äußerungen und Personen zur Wehr zu setzen, dann kann ich nur antworten: Wir haben den Mut, wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Und gemeinsam werden wir noch mutiger sein.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
1 Kommentar
Liebe Anja, da sind endlich wieder klare Worte gesprochen worden. Vielen Dank dafür! Ich hatte auch das Glück, dass ich hier geboren wurde und seit 65 Jahren immer ein sehr gutes und schönes Leben hatte und hoffe, dass dies die nächsten Jahre so weiter geht.