Rede der Bundestagskandidatin:
Deutschland geht es gut! Ich weiß gar nicht wie oft ich das schon gehört habe und vor allem von wem! Aber schauen wir uns das doch mal genauer an, wie geht es denn den Menschen in unserem reichen Deutschland, wenn 10 % über 75 % des Vermögens verfügen, auf der anderen Seite knapp 13 Mio. Menschen von Armut bedroht sind? Ich weiß ja nicht wie es Ihnen geht? Aber wenn ich mich tagtäglich bei uns umschaue, dann habe ich stets das Bedürfnis, mehr Gerechtigkeit zu schaffen und zwar durch Solidarität. Der Solidargedanke ist in unserer Ellenbogengesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten abhanden gekommen und das ist das Schlimmste was uns passieren konnte. Es ist nun die Aufgabe für alle, die sich gesellschaftlich, nicht nur politisch, sondern gesellschaftlich engagieren, den Menschen diesen Solidargedanken wieder nahezubringen. Nur so können wir die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließen, nur so können wir in unserem Land wieder eine Gemeinschaft bilden und nur so bleibt keiner zurück. Solidarität und Zusammenhalt sind die wesentlichen Merkmale einer solchen Gemeinschaft!
Und echte Solidarität funktioniert auch nur in beide Richtungen, beim Nehmen und beim Geben. Zum Beispiel bei der Organisation in den Betrieben. Hier wird eine Tariferhöhung von allen Beschäftigten gern solidarisch angenommen. Aber geht es um die Solidarität, Mitglied in der Gewerkschaft zu sein, die diese Tariferhöhung erkämpft hat, da hört es mit der Solidarität untereinander schon einmal auf. Dabei hätten gerade die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der heutigen Zeit eine Kraft aufzubieten, die viel mehr erreichen könnte. Deshalb kann unser Appell nur lauten: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, seid solidarisch und organisiert euch!
Auch die Arbeitgeber müssen zu mehr Solidarität bewegt werden. Sie haben damals während der Wirtschaftskrise gern angenommen, dass die Krankenkassenbeiträge für sie eingefroren werden, damit die Lohnnebenkosten niedrig gehalten werden. Jetzt, wo es der Wirtschaft seit Jahren wieder gut und immer besser geht, müssen auch sie wieder solidarisch sein und die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter solidarisch mitfinanzieren. Hier kann unser Appell nur lauten: Die Arbeitgeber müssen die Verantwortung für die Gesundheit derer übernehmen, die ihnen den Wohlstand schaffen durch die Wiederherstellung der Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Und wenn wir gerade bei den Sozialsystemen sind….hier brauchen wir insgesamt Reformen und zwar richtige. Unsere Sozialsysteme sind gut und haben auch bisher immer gut funktioniert, doch die kleinen Reförmchen der vergangenen Jahrzehnte haben den Zweck verfehlt und alles irgendwie in die falsche Richtung gelenkt. Nehmen wir einmal die Rentenversicherung. Die Säule mit der privaten Absicherung funktioniert bei denen, für die sie gedacht war, nicht und in den jetzigen Zeiten der Niedrigzinspolitik gar nicht. Da haben auch wir Sozialdemokraten uns vertan und das geben wir auch zu. Nun gilt es die stabilste Säule, die gesetzliche Rente wieder auf Spur zu bringen, denn diese ist im Moment die einzige worauf sich die Menschen auch verlassen können müssen. Dabei sind die Menschen aber verlassen, wenn das Rentenniveau noch weiter sinkt und sinken soll bis auf 42 Prozent laut Union, na ja, wenn wir bedenken, dass die das Renteneintrittsalter weiter und weiter anheben wollen, werden die meisten die Rente eh nicht erleben und dann wäre das Rentenniveau wurscht…
Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Erhöhung des Renteneintrittsalters wird es mit uns nicht geben und das Rentenniveau darf nicht weiter sinken, im Gegenteil, es muss eine Strategie und ein Konzept gefunden werden, die das Rentenniveau noch ansteigen lässt. Dafür würde auch jeder einsehen, einen etwas höheren Beitrag zu zahlen, paritätisch natürlich, gemeinsam mit den Arbeitgebern.
Und kaum bringt die SPD-Führung ein Konzept auf den Tisch, was meiner Meinung nach eh nur eine abgespeckte Version sein kann, die noch ausbaufähig ist, wird schon wieder geschrien, wegen der Finanzierbarkeit, wegen dem Fachkräftemangel und was man noch so für fadenscheinige Gründe hervorholt.
Die SPD will in diesem ersten Konzept für die Zukunft zunächst einmal eine doppelte Haltelinie einbringen: das heißt nichts weiter als das Rentenniveau bei den jetzigen ca. 48 % stabilisieren und gleichzeitig die Beiträge bei maximal 22 % bis 2030 festschreiben. Das bringt doch erst einmal eine gewisse Sicherheit für diejenigen, die in Rente in den nächsten 20 Jahren gehen und auch für die Beitragszahler. In dieses Konzept sollen auch die 3 Mio. Selbstständigen mit einbezogen werden, die derzeit keine Absicherung für das Alter haben und in den kommenden Jahren nach und nach vom Staat abhängig wären. Der dritte sehr wichtige Punkt ist die Solidarrente, die jeder erhalten soll, der 35 Beitragsjahre nachweisen kann. Diese wird um mindestens 10 % über der Grundsicherung liegen wird. Das ist ein ganz wichtiger Eckpfeiler für die Zukunft, denn es kann einfach nicht sein, dass Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben am Ende genauso viel bekommen wie diejenigen, die nicht gearbeitet haben. Hier werden wir leistungsbezogen eine klare Trennung vollziehen, denn Arbeit muss sich auch wieder lohnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde.
Natürlich kostet das Geld und muss gegenfinanziert werden, genau deshalb hat sich die Parteiführung dazu entschieden erst einmal diese abgespeckte Version vorzubringen: Diese kostet im nächsten Jahr
400 Millionen Euro und steigt über 2025 mit 3,3 Mrd. Euro bis zum Jahr 2030 auf 19 Mrd. Euro pro Jahr an. Aber hier müssen wir uns auch einmal die Finanzausgaben der Vergangenheit ansehen und ganz klar sagen: „Finger vom Rententopf“ für versicherungsfremde Leistungen. Das ist ja ein Lieblingsspiel der Schwarzen und Gelben, um mit dem Staatshaushalt gut da zu stehen, da greift man schon mal gerne in Kassen wo was drin ist…
Ganz aktuell wird zum Beispiel die Mütterrente mit 6,7 Mrd. Euro jährlich aus dem Rententopf gezahlt. Die Mütterrente ist und bleibt eine Sozialleistung, die aus Steuermitteln finanziert gehört, Schluss aus.
In diesem Zusammenhang der Finanzierbarkeit einer Rentenreform müssen wir auch auf mehr Solidarität in der Steuerpolitik pochen, natürlich. Menschen, die nur ihr Geld für sich arbeiten lassen, müssen mehr einzahlen, als Menschen, die produktiv ihr Einkommen erwirtschaften. Mit einer Finanztranzaktionssteuer, die nur ganz minimal ist, und einer Vermögenssteuer, die nur die reichsten 1 % unserer Bevölkerung treffen, können Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 100 Mrd. Euro generiert werden. Und über die Flüchtlinge, über die niemand spricht, die Steuerflüchtlinge sind ebenso 100 Mrd. Euro jährlich drin, die wir uns holen müssen. Ich glaube das ist genügend Gegenfinanzierung, genügend sogar, um ein viel weitreichenderes Rentenkonzept zu finanzieren. Aber diese Gelder müssen erst einmal generiert werden, bevor sie ausgegeben werden.
Und ganz nebenbei gesagt: 26 Mrd. Euro mehr wären von der Union da, so viel wollen die nämlich jährlich mehr in die Aufrüstung stecken. Schon alleine diese Kosten liegen viel höher als die Mehrausgaben, die wir für die Rente im Moment einplanen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Gute Rente folgt natürlich aus guter Arbeit. Deshalb werden wir für ordentliche Löhne sorgen, Frauen durch das Rückkehrrecht aus der Teilzeitfalle holen, prekäre Arbeitsverhältnisse zurückdrängen und Familie und Beruf besser vereinbar machen. Hier haben wir zum Teil in der Vergangenheit mit Tür und Tor geöffnet, die wir wieder schließen wollen. Wir brauchen nur jetzt endlich einmal eine echte Chance dafür.
Wie gut eine Gesellschaft ist, erkennt man daran wie sie mit den schwächsten Gliedern umgeht. Und genau da werden wir ansetzten. Es darf in unserem Land nicht weiter heißen: einmal schwach immer schwach. Jeder hat eine Chance verdient, denn jeder Mensch ist eine Persönlichkeit mit Talenten, die er in unsere Gesellschaft einbringen kann. Damit kein Talent in unserer Gesellschaft verloren geht, müssen wir bei den Kindern anfangen. Hier müssen und werden wir endlich Chancengleichheit schaffen, ob das Kind in einer finanzschwachen oder finanzstarken Kommune aufwächst, egal in welchem Bundesland, Bildung muss endlich kostenfrei sein, von der Kita bis zum Abitur, für alle Berufsschularten und vom Erststudium über den Master bis hin zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Nur so können wir für die Zukunft den Fachkräftemangel eindämmen. Dafür brauchen wir auch eine bestimmte Qualität der Bildung, für die der Staat verantwortlich ist. Chancengleichheit durch Solidarität schaffen, meine lieben Freunde.
Es gibt sehr viel zu tun, die Alternative hieße weiter so, den Schwächeren und Ärmeren wird immer mehr in die Tasche gegriffen, Eigenverantwortung wird für die immer größer geschrieben, die es sich nicht leisten können.
Deutschland geht es erst gut, wenn es den Menschen gut geht und alle von der guten Wirtschaft und dem Wohlstand profitieren.
Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit sind die Grundwerte der Sozialdemokratie seit über 154 Jahren. Es ist höchste Zeit für mehr Gerechtigkeit, es ist höchste Zeit für eine sozialdemokratisch geführte Regierung.